Köln (dpa/tmn) – Zwei Buchstaben werden von Trendsettern der Beauty-Welt in letzter Zeit häufig gemunkelt: CC. Sie stehen für Clean Cosmetics. Aber was genau ist darunter zu verstehen?

«In den USA nennt man diese Kosmetika auch «Safe Cosmetics». Darunter werden Produkte verstanden, die auf bedenkliche Stoffe verzichten», erklärt die Kölner Dermatologin Uta Schlossberger. «Allerdings muss man auch sagen, dass es bei etlichen dieser Stoffe überhaupt noch nicht klar ist, ob und wie gesundheitsschädlich sie sind.»

Volker Steinkraus, Professor für Dermatologie aus Hamburg, nennt gleich ein konkretes Beispiel: «Parabene sind ein idealer Konservierungsstoff für Kosmetika.» Sie hemmten das Wachstum von Bakterien und Pilzen, schützten das Kosmetikprodukt vor Verkeimung und verlängerten so seine Haltbarkeit, erklärt Schlossberger. Aber: Bei den Verbrauchern sei der Stoff als potenziell krebserregend in Misskredit geraten, sagt Steinkraus. «Es gibt jedoch kein seriöses Datenmaterial, das diese Einschätzung stützt.»

Ein Mittel gegen Verkeimung macht durchaus Sinn, führt man sich vor Augen, wie lange beispielsweise eine Tagescreme in Gebrauch ist und wie oft man mit den Fingern in den Tiegel greift. Das kann man beim Thema Silikon, auf das viele CC-Produkte ebenfalls verzichten, anders sehen. «Silikone sind Silizium-basierte Öle mit besonders feiner und schmeichelnder Haptik. Deshalb werden sie von der Kosmetikindustrie geliebt», erklärt Steinkraus. Aber: Sie haben eine abdichtende, verschließende Wirkung. Und: «Silikone sind biologisch nicht abbaubar und damit auch in der Entsorgung problematisch.»

Paraffine, die in Clean Cosmetics häufig nicht zum Einsatz kommen, werden dagegen unterschiedlich bewertet: Steinkraus etwa hält sie für sehr hautverträglich. Schlossberger aber sagt: «Zwar sorgt «Paraffinum Liquidum» dafür, dass sich Lippenstift und Creme geschmeidig auftragen lassen, aber das Mineralöl legt sich wie ein luftdichter Film auf die Haut.» Die Haut könne dann nicht mehr atmen und werde unter der Schicht trocken. «Die Folge: Man cremt nach. Ein Teufelskreis, denn zu viele Paraffine schädigen die Barriereschicht auf lange Sicht.»

Ob der Verzicht auf bestimmte Wirkstoffe sinnvoll ist, ist aber nur die eine Frage. Die andere lautet: Was steckt stattdessen in den Clean Cosmetics? Mit welchen Wirkstoffen und Methoden versuchen CC-Anbieter, die Unbedenklichkeit ihrer Produkte zu garantieren? «Phenoxyethanol ist ein verträglicherer Konservierungsstoff, auf den kaum jemand allergisch reagiert. Andere Produkte verzichten auf Wasser, um Keimen den Nährboden zu entziehen», sagt Schlossberger. «Die dritte Möglichkeit: Sterile Verschlüsse verhindern, dass das Produkt mit Sauerstoff und Bakterien in Kontakt kommt.»

Klar ist: Produkte, die unter Clean Cosmetics vermarktet werden, sollen den Verbrauchern signalisieren, ihrer Haut Gutes zu tun und sie möglichst naturnah zu behandeln. Deshalb siedeln sich die CC-Produkte in der Gedankenwelt des Verbrauchers auch dicht bei biologischen Pflegeprodukten an. «Wie weit die Nähe aber tatsächlich vorhanden ist, könnte man erst ermitteln, wenn die einzelnen, alternativen Wirkstoffe genau unter die Lupe genommen werden», ist sich Sophie von Lilienfeld-Toal sicher. Sie kümmert sich bei der Gesellschaft für angewandte Wissenschaftsethik (GfaW) unter anderem um die Bewertung und Einordnung von Kosmetik.

«Man muss sich darüber klar sein, dass ein Schlagwort wie Clean Cosmetics zunächst mal nur eine griffige Formulierung ist, die natürlich bewusst so gewählt wurde, um eine Nähe zu Naturkosmetik zu suggerieren», sagt sie. Doch letztere unterliegt deutlich strengeren Richtlinien. Sind also Clean Cosmetics nichts anderes als eine geschickte Werbemaßnahme? Nicht unbedingt. Aber man sollte sich als kritischer Verbraucher ruhig die Zeit nehmen, die Deklarationen auf den Tiegeln und Tuben genau zu lesen.



Fotocredits: Andrea Warnecke,Magdalena Rodziewicz,Andrea Warnecke

(dpa)